Chronik der Jugendfarm Moritzhof
Der Mauerfall am 9. November 1989 brachte u. a. auch die Entstehung von großen Freiflächen mit sich. In einem dicht bebauten und besiedelten Bezirk wie dem Prenzlauer Berg lag nichts näher, als diese Freiflächen zu begrünen und damit neue Spiel- und Erholungsräume für die Bewohner zu schaffen.
Die Idee kam am runden Tisch, von Leuten, die das Spiel zu ihrem Beruf gemacht hatten: den Spielmobilern vom Spielwagen Berlin I. Inspiriert von einem bestehenden Schulzoo in Altreetz und mehreren im Westteil Berlins bereits erfolgreich arbeitenden Kinderbauernhöfen erdachten sie den Plan, auf dem ehemaligen Mauerstreifen soll ein Kinderbauernhof entstehen. Zunächst gründeten die Spielmobiler den Verein Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg e.V. und riefen alle zur Mitarbeit am Projekt Kinderbauernhof auf.
Nach Erarbeitung der Konzeption wandte sich das Team an Parteien und Organisationen um Unterstützung für das anspruchsvolle und für die Jugendhilfelandschaft wichtige Projekt zu bekommen.
Im Februar 1990 legte die Demokratische Bauernpartei Deutschlands der Stadtbezirksverordnetenversammlung von Prenzlauer Berg eine Beschlussvorlage zur Errichtung eines Kinderbauernhofes im Bezirk vor.
In der breiten Öffentlichkeit stieß das Projekt auf stetig wachsendes Interesse.
Auf einer Zusammenkunft von Initiatoren und Interessierten aus der Öffentlichkeit wurde im März 1990 die Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof am Falkplatz gegründet.
Auf der Stadtbezirksverordnetenversammlung am 15. März 1990 wurde der Beschluss 39/90 gefasst, der die Errichtung einer Grünzone im ehemaligen Grenzstreifen zwischen Eberswalder Straße und Gleimstraße vorsah. Die Chancen waren groß, bei der Umgestaltung dieser Fläche in einen Mauerpark den Kinderbauernhof einzubeziehen.
So sah der Mauerparkentwurf des Planungsbüros für Garten-, Landschafts- und Freiraumgestaltung des VEB Grünanlagen Berlin vom Juli 1990 den Kinderbauernhof in der Nähe des Falkplatzes vor.
Am 6. September 1990 befürwortete die Stadtverordnetenversammlung von Prenzlauer Berg das Projekt „Mauerpark mit Kinderbauernhof“. Eine definitive Zusicherung von Magistrat und Senat blieb allerdings aus. Um dem Projekt Nachdruck zu verleihen, rief die Initiativgruppe deshalb zum Weltkindertag am 20. September 1990 zur symbolischen Besetzung des Falkplatzes und zur Grundsteinlegung für einen Kinderbauernhof auf.
Im Januar 1991 eröffnete die Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof am Falkplatz ein Info-Büro mit Kinderladen in der jetzigen Schivelbeiner Str. 45 betrieben von 2 bis 4 ABM-Kräften (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme). In dieser Einrichtung konnten die Kinder nachmittags spielen, basteln, töpfern, weben, spinnen und vieles andere tun, was später auf dem Kinderbauernhof vonstatten gehen soll. In den Mittelpunkt des Angebots rückten dabei die Arbeiten mit Naturmaterialien wie Wolle, Ton und Lehm. Einen jährlichen Höhepunkt im Sommer bildete die Ferienfahrt nach Rolofshagen, wo mit den Kindern eine Wagenburg gebaut wurde. Durch Exkursionen auf Bauernhöfe bestand für die Kinder auch die Möglichkeit, den Alltag auf einem Gehöft kennen zu lernen.
Zwischen der Initiativgruppe für einen Mauerpark am Falkplatz und dem für die Gestaltung des Mauerparks vom Bezirksamt beauftragten Herrn Göritz liefen seit März 1991 Gespräche hinsichtlich des Kinderbauernhofes. Die Konzeption des Landschaftsgestalters dachte dem Kinderbauernhof eine zentrale Lage im Mauerpark zu.
Stiftungen, Schulen und andere Sponsoren erklärten ihre Bereitschaft, das Projekt Kinderbauernhof zu unterstützen.
Der beabsichtigte Ausbau der Schwedter Straße zur Entlastungsstraße für die Schönhauser Allee und die Mantelplanung im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung Berlins wurden zu einer massiven Bedrohung für das Projekt „Mauerpark mit Kinderbauernhof“. Vom 31. Mai bis 16. Juni 1991 kam es daher, initiiert durch die Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof, in Verbindung mit einem Fest zum internationalen Kindertag zu einer Mahnwache, an der sich neben Mitgliedern der Initiativgruppe auch Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg e.V. und die Grüne Liga beteiligten. Einen Höhepunkt bildete dabei der Besuch des Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Herrn Volker Hassemer.
Am 5.7. 91 nahm auch der Senator für Jugend zum Kinderbauernhof Stellung.
Der starke politische Druck von Initiativgruppen, Bürgerbewegungen und Betroffenenvertretungen führten schließlich im November 1991 zu einer massiven Bürgerbeteiligung bei der Vorbereitung der Auslobungsunterlagen für einen Wettbewerb zur Gestaltung des Mauerparks.
Im Dezember 1991 wurde die Auslobung abgeschlossen. Preisträger des anschließend ausgeschriebenen Wettbewerbs wurde das Landschaftsplanungsbüro von Prof. Lange aus Hamburg. Auf der Grundlage seiner Entwürfe entstand der heutige Mauerpark. Noch 1993 konnte mit dem ersten Bauabschnitt des Mauerparks begonnen werden. In der jetzigen Konzeption des Mauerparks fand der Kinderbauernhof jedoch keine Berücksichtigung. Für ihn wurde nunmehr ein Standort für das Flurstück 25 - nördlich des Gleimtunnels - vorgesehen.
Im Februar 1992 gründete die Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof am Falkplatz den Verein Kinderbauernhof im Prenzlauer Berg e.V. im Mauerpark, der sich seither gemeinsam mit anderen Vereinen und Bürgerinitiativen darum bemühte, dass bei der Ausschreibung sowie bei der Erstellung der Unterlagen für den städtebaulichen Wettbewerb für den Mauerpark mit Kinderbauernhof die Interessen der Anwohner Beachtung fanden.
Fast zeitgleich mit dem Beginn des ersten Bauabschnitts des Mauerparks fiel eine wichtige Entscheidung zur finanziellen Absicherung des Kinderbauernhofs. Dem Druck seitens verschiedener Bürgerinitiativen sowie Vereine und dem Einsatz des Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Herrn Volker Hassemer, war es zu verdanken, dass der Finanzsenator 1,5 Millionen DM für den Aufbau des Kinderbauernhofs zur Verfügung stellte.
1993 übergab der Finanzsenator Elmar Pieroth der Grün Berlin GmbH, die mit der Errichtung des Mauerparks betraut worden war, die finanziellen Mittel zur Errichtung des Kinderbauernhofes. Seit
Anfang 1993 arbeiteten die Grün Berlin GmbH (als Bauherr), S.T.E.R.N. GmbH (die den Kinderbauernhof im Bau betreuet), die Architektin Angelika Döhnert und Mitglieder des Verein Kinderbauernhof Prenzlauer Berg e.V. an den Bauplanungsunterlagen.
Baubeginn sollte der 1. Juni 1994 sein.
Doch erst am 4. Oktober 1994 wurden die Bauplanungsunterlagen bei den zuständigen Stellen eingereicht.
Der Bauantrag folgte am 10.11.1994.
Im März 1995 wurden Mittel für die ökologischen Baumaßnahmen bereitgestellt. Bauherr dieser Maßnahmen ist BAUFACHFRAU Berlin e.V., unter dessen Trägerschaft bereits im Juni 1995 das ABM-Projekt Ökologische Baumaßnahmen im Kinderbauernhof Prenzlauer Berg zu arbeiten begann.
Die Baugenehmigung wurde im Juni 1995 erteilt.
Im Juli 1995 erfolgte die Bestätigung der BPU durch die zuständige Senatsverwaltung.
Im Oktober 1995 begann die öffentliche Ausschreibung der einzelnen Baugewerke und die Vorverhandlung mit den Baufirmen.
Durch die Haushaltslage in Berlin wurde im November 1995 der Baustop ausgesprochen. Die Mittel wurden gesperrt.
Im Frühjahr 1996 führten Mitglieder des Vereins Kinderbauernhof im Prenzlauer Berg und Mitarbeiter der S.T.E.R.N GmbH Gespräche mit Abgeordneten, Politkern und Mitarbeitern der Senatsverwaltungen, um eine Entsperrung der finanziellen Mittel zu erwirken.
Die Besetzung des Baugeländes im August 1996 schaffte den notwendigen politischen Druck.
Im September 1996 beschloss die Aufsichtsratversammlung der Grün Berlin GmbH aus Steuerrücklagen 900 000 DM für den Bau des Kinderbauernhofes zur Verfügung zu stellen.
Die Genehmigung zur Verwendung dieser Gelder wurde von der Senatsverwaltung für Finanzen jedoch erst Ende 1997 erteilt.
Im Sommer 1997 musste der Bezirk das Baugrundstück kaufen. Angesichts der leeren Bezirkskasse wurde der Kauf des 1000-Quadratmeter-Grundstück über Spenden finanziert.
Mit der „Freischaltung“ der Gelder für den Bau Ende 1997 wurde der Bau erneut ausgeschrieben.
Neben der Zusammenarbeit mit den Architekten lief eine offene Kinderarbeit in den Räumen des Bezirksamtes in der Schivelbeiner Str. 45 und später der 11. Grundschule in der Kopenhagener Straße.
Nach den Entwürfen der Architekten wird das Gebäude des Kinderbauernhofes ein zweigeschossiger Holzständerbau sein.
Die Wände werden mit reiner Schafwolle isoliert. In dem Gebäude sollen Stallanlagen für Schafe, Ziegen, Enten, Gänse, Hühner, Kaninchen und eventuell einen Esel, Futterlager, Werkstätten und Spielbereiche für die Kinder untergebracht werden. Das Dach des Gebäudes wird mit einer extensiven Dachbegrünung versehen, um einen Ausgleich der Versiegelung durch die Bebauung zu schaffen. Der Kinderbauernhof wird den Kindern und Jugendlichen nicht nur einen Platz zum Spielen und Selbstaktivwerden bieten. Sie werden hier die Abläufe in der Natur erleben und diese kreativ mitgestalten können.
Am 04. 05. 1998 wurde der Grundstein für den Kinderbauernhof gelegt. Nach einer einjährigen Bauphase, wurde am 26. 05. 1999 das Spielhaus eröffnet, und wir konnten mit unserem ersten Tier Frau Krüger einem Zwergkaninchen von der 11. Grundschule in die Schwedter Str. 90 umziehen. Fast ein weiteres Jahr später am 15. 04. 2000 wurde der Stall offiziell eröffnet und die Schafe und Ziegen, Hühner, Enten und Gänse konnten in ihr neues Zuhause einziehen. Die meisten Tiere bekamen wir geschenkt, so stiftete die Seniorenvertretung der Volkssolidarität uns die Schafe und der Bürgermeister Reinhard Kraetzer schenkte uns die erste Hühnerschar.
Im Jahr 2003 wechselte der Träger des Kinderbauenhofes zurück zum mittlerweile im Bezirk Pankow etablierten Verein und anerkannten Träger der freien Jugendhilfe Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg e.V.
Mit dem Trägerwechsel bekam der Kinderbauernhof endlich auch einen Namen: "Jugendfarm Moritzhof"